Kassühlke, Rudolf:
Eine Bibel – viele ÜbersetzungenEin Überblick mit Hilfen zur BeurteilungWuppertal 1998, R. Brockhaus Verlag |
Das Buch gliedert sich in zwei Teile:
Im ersten Teil erläutert der Autor (ein ausgewiesener Fachmann) den Prozess des Übersetzens. Er stellt die grundsätzlichen Übersetzungsmethoden vor (“formale” und “kommunikative” Gleichwertigkeit) und die grundsätzlichen Übersetzungstypen (“Wort-für-Wort”-, “wörtliche”, “philologische”, “kommunikative”, “bearbeitende” Übersetzung). Er tut dies sehr gut, auf den Punkt gebracht und auch für den Laien ohne weiteres verständlich.
Im zweiten Teil stellt er 29 Bibelüberstzungen vor (Stand: 1998):
- Albrecht
- Bruns
- Buber
- DaBhaR
- Einheitsübersetzung
- Elberfelder
- Gute Nachricht Bibel (nicht zu verwechseln mit der altbekannten “Guten Nachricht”)
- Hoffnung für Alle
- Interlinearversion
- Konkordante Übersetzung
- Luther 1984
- Menge
- Mülheimer
- Neue Genfer
- Neue Welt
- Pattloch
- Schlachter
- Stern
- Zink
- Zürcher
Arbeits- und Studienbibeln:
- Elberfelder Studienbibel
- Herder-Bibel (Neue Jerusalemer Bibel)
- Lexikon-Bibel (Gute Nachricht)
- Lutherbibel erklärt
- Neue Genfer Studienbibel
- Scofield Bibel
- Stille Zeit Bibel
- Stuttgarter Erklärungsbibel
- Thompson Studienbibel
Die Präsentation ist jeweils sehr knapp; der Autor kommt mit gut 120 Seiten aus. Dennoch ist für jede Übersetzung eine ausreichende Anzahl von Beispielversen angegeben, um einen guten Eindruck zu bekommen. Wo es sich lohnt, ist auch das Original-Druckbild wiedergegeben (insbesondere natürlich bei den Studienbibeln).
Folgende Informationen sind (fast) immer angegeben:
- der Grundtext, auf dem die Übersetzung beruht
- ob und wie auf Abweichungen vom Grundtext hingewiesen wird
- ob die nicht-kanonischen Schriften (“Apokryphen”) enthalten sind
- der Typ der Übersetzung
- die Schreibweise der Eigennamen
- die Zielgruppe
Sehr sparsam wird auch in konkreten Beispielen auf weitere Charakteristika hingewiesen.
Hier wäre mehr Tiefe, vor allem konkrete Beispiele, wünschenswert gewesen.
Aus meiner Sicht ebenso wünschenswert wäre gewesen, neben Aussagen über die Form auch solche darüber wiederzugeben, wie die Herausgeber zum Inhalt der Bibel stehen bzw. wie sie diese Haltung zum Ausdruck bringen. So finden sich etwa im “Anhang zum Neuen Testament” der Zürcher Übersetzung Kommentare, die – ungerechtfertigterweise – den Inhalt bestimmter Bibeltexte diskreditieren; das wäre sicher eine Information wert gewesen.
Unglücklich finde ich die Entscheidung, mit “Spätschriften” das zu bezeichnen, was protestantisch “Apokryphen” und katholisch “Deuterokanonische Schriften” heisst. Diese Bezeichnung erweckt den Eindruck, dass diese Schriften zum Kanon der Bibel gehören und eben erst später dazugekommen sind als die kanonischen Schriften.
Der Autor wollte die konfessionell vorbelegten Begriffe vermeiden, aber alles wäre besser gewesen als “Spätschriften”, was das katholische Verständnis dieser Schriften propagiert.
Ohne Verlust wegfallen können hätten die letzten zweienhalb Seiten, überschrieben mit “Computerbibeln”. Was in der Kürze gesagt wird, stimmt zwar, aber es ist nicht hilfreich für jemanden, der Orientierung sucht. Und die beiden deutschen Produkte, die namentlich genannt werden, sind “zufälligerweise” im selben Verlag erschienen wie das Buch ...
Fazit
Das Buch ist hervorragend dazu geeignet, sich einen Überblick zu verschaffen. Genau das verspricht der Untertitel, und für diesen Zweck ist es wärmstens zu empfehlen.
© 2000 Martin Schweikert. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung.